Die Strandung des Seglers „De jonge Tobias van Drontheim“

Die Strandung des Seglers „De jonge Tobias van Drontheim“

Am 11. November 1688 strandete auf der Huibertplaate nahe der Insel Rottum der Emder Kauffahrer „De jonge Tobias van Drontheim“. Diese Strandung hatte zur Folge, dass es allen Borkumern für Jahre untersagt wurde sich am Strandrecht zu bereichern.[1] Das Schiff fuhr für die Emder Kaufleute Cornelis Budde und Consorten und hatte Wein, Kastanien und Prünellen (Trockenpflaumen) geladen. Doch was war passiert?

Die Strandung wurde wohlwollend vom Strand der Insel beobachtet, sah man doch schon den einen oder andern sich über den anstehenden Bergelohn die Hände reiben. Der Kapitän des Schiffes setzte mit dem Beiboot auf die Insel über und mit dem Vogt wurde der Bergelohn verhandelt. Unverzüglich machten sich jetzt die Borkumer auf den Weg zur Sandbank, um Schiff und Ladung zu sichern.

Die Ladung wird gesichert

Auf Befehl des Vogtes Wyard Melchers Bott luden sie den Wein aus, der auf die Insel verbracht worden ist. Das Schiff legte sich aber bald auf die Seite und drohte zu kentern. Damit das Schiff nicht total verloren ging schlugen die Borkumer am nächsten Tag mehrere Löcher in den Rumpf, um so die Lage des Seglers zu stabilisieren. Das entsprach durchaus gängiger Praxis, denn ein Loch im Rumpf zu flicken ist einfacher, als ein Schiff vom Grunde der Ems zu bergen.

Anschließend machten sie sich wieder ans Werk die Ladung zu bergen. Ein reger Verkehr kleiner Boote ging zwischen Insel und Havaristen und die Ladung wurde zwischenzeitlich sicher im Lagerhaus des Vogtes untergebracht.

Den Verlockungen erlegen

Bei Ebbe zündeten die Borkumer jetzt ein Feuer auf der Sandbank an und rösteten Kastanien, die sie mit Netzen aus dem Wasser fischten – salzige Snacks machen durstig – so wurde ein großes Faß Branntwein nebst einigen Fässern Wein die noch unter Deck gefunden worden sind, für die lustige Scharr auf der Sandbank verzapft.

Die Runde wackerer Strandpiraten wurde immer lustiger und betrunkener und so kam man auf die Idee, die jetzt leeren Fässer mit dem Brackwasser der Ems zu füllen und in den Bestand der bereits geborgenen Fässer aufzunehmen. Es bleibt anzumerken, dass an der Sause die komplette männliche Bevölkerung der Insel beteiligt war. Sogar der Pastor und der Inselvogt waren nicht mehr fahrtauglich.

Nachdem der rechtmäßige Besitzer nach einigen Tagen ein geeignetes Transportmittel beschafft hatte, wurde die vorbestellten Waren auch schon an den Empfänger ausgeliefert.

Rache wird am besten kalt genossen

Der Sohn des vorhergehenden Inselvogtes Niklaas Sleevogt, mittlerweile aus barbareskischer Gefangenschaft im Mittelmeer freigekauft hegte einen solchen Groll gegen den jetzigen Amtsinhaber, dass er diesen gemeinsam mit dem Pastor bei der Obrigkeit denunzierte. Aber auch die beiden waren an der allgemeinen Strandfete beteiligt, so brachte die Denunzierung nicht den gewünschten Erfolg den amtierenden Vogt aus dem Amt zu entfernen. Dies glückte erst bei seinem direkten Nachfolger Wilhelm Hinrichs Harckens aus Weener im Jahre 1713.

Ein Teil der Ladung war für ihre fürstliche Hoheit Regentin Christin Charlotte von Würtemberg bestimmt. Sie wollte für die Feier der baldigen Übernahme der fürstlichen Amtsgeschäfte durch Ihren Sohn Christian-Eberhard im Jahre 1690 den fürstlichen Weinkeller aufstocken. Daher fiel die Denunziation durch die beiden Borkumer auf fruchtbaren Boden.

Der wegen seines Guten Verhältnis zu den ostfriesischen Ständen „der Friedsame“ genannte Christian-Eberhard war nicht erfreut über die alkoholfreien Fässer, die ihm da untergejubelt wurden. Das Ganze wurde zur Chefsache erklärt und den Borkumern wurde für mehrere Jahre das Strandrecht entzogen. Aber bereits 1690 wurde den Borkumern das Strandrecht wieder zuerkannt.

Herr segne unseren Strand

Was hierfür der Grund sein mag, darüber kann spekuliert werden. War es jetzt eine allgemeine Amnestie zur Amtseinführung des neuen Fürsten, oder war es der Tatsache geschuldet, das seit der Verurteilung der Borkumer kein Treibgut mehr auf der Insel gefunden worden ist. Die genauen Hintergründe verbergen sich hinter dem grauen Schleier der Geschichte.

[1] Siehe auch: NLA AU Rep. 4 B 2 h Nr. 103

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