Neue Friesen braucht der Strand – Kapitel 1

Neue Friesen braucht der Strand – Kapitel 1

Aller Anfang ist Meer

Eigentlich kam meine Familie gar nicht von der Insel Borkum. Eigentlich waren wir der See ursprünglich nur bedingt verbunden. Da aber die Geschichte meiner Vorfahren genauso mit Ostfriesland verwoben ist wie die Geschichte der Insel Borkum treffen wir uns im Laufe der Generationen zwangsläufig immer wieder – die Insel und meine Familie meine ich. Also erzähle ich unsere Familiensaga einfach, soweit die Annalen es halt hergeben.

Irgendwann zu Beginn des 15. Jahrhunderts – Kolumbus macht sich schon als Magerquark zur Lebensaufgabe Amerika wieder zu entdecken, nachdem die Wikinger knapp 500 Jahre zuvor diesen Landstrich von der Landkarte gestrichen hatten, um fortan woanders herum zu streichen – streiften die ersten meiner Altvorderen durch die spätmittelalterliche Krummhörn. Man darf sich Ostfriesland im 15. Jahrhundert nun nicht als alljährliches Ferienziel für Abermillionen rheinischer Frohnaturen vorstellen, die ihre Raucherlungen kurieren wollten. Ostfriesland bestand vornehmlich aus Hoch- und Niedermoorgebieten, die einem arg Lebenszeit verkürzenden Plasmodium Unterschlupf boten. Die Rede ist hier vom Wechselfieber, besser bekannt als Malaria. Wer um 1350 den schwarzen Tod überlebt hatte und 1362 gut genug schwimmen konnte um die „Grote Mandrenke“ zu umschiffen, musste nur noch die Malaria vermeiden. Dann konnte sich der gemeine Ostfriese seiner freiheitlichen Lieblingsbeschäftigung hingeben. Nein, ich meine nicht das Schnapsbrennen und trinken, sondern die ständigen Raufereien mit unnützen Nachbarn. Unsere alten Häuptlinge waren diesbezüglich schon lange vor der Erfindung des Maschendrahtzaunes gut im Training. Wenn wir Friesen nicht als Söldner – für wen auch immer – unterwegs waren, trainierten wir halt zu Hause. Das nannte man Friesische Freiheit – glaube ich.

Das Ostfriesland damals aus den obigen Gründen eher ein wenig besiedelter Flächenstaat war, versteht sich eigentlich von selber. Schließlich ist unsere Heimat so einladend gewesen, dass man uns im Rahmen der Völkerwanderungen vorsichtshalber vergessen hat. Die Römer sind im Watt stecken geblieben und nur mit unserer Hilfe wieder nach Hause gekommen, die Wikinger haben vorbeigeschaut und sind unverrichteter Dinge nach Paris weitergesegelt.  Es wollte halt keiner hierher, geschweige denn auch noch bleiben.

In dieser gemütlichen Zeit erblickte Hisko Poppen das regenfeuchte Licht der Welt.

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